Rückblick – Mit Skalpell und Gottvertrauen

Dankbar schauen wir zurück auf den Dienst in Indonesien. Sr. Elisabeth berichtet von dramatischen Operationen, bei denen unter schwierigen Bedingungen Leben gerettet werden konnten.

Schwester Elisabeth mit Assistenten im Operations-Saal

Schwester Elisabeth mit Assistenten im Operations-Saal

Kein Verlass auf das Op-Team in Palangka Raya

Im staatlichen Krankenhaus der Provinzhauptstadt von Zentral-Kalimantan begannen wir als Christusträger-Schwestern unter primitiven Voraussetzungen eine chirurgische Arbeit aufzubauen. Einheimische Mitarbeiter, die zum Bereitschaftsdienst eingeteilt waren, kamen nur dann, wenn sie zu Hause gerade nichts anderes zu tun hatten - und wenn es nicht regnete! Eines späten Abends wurde ich, die einzige Chirurgin und ständig in Dienstbereitschaft, ins Hospital gerufen. Ein junger Mann war bei regennasser Straße mit seinem Moped verunglückt und hatte eine schwere offene Schädel-Hirn-Verletzung davongetragen.

Er musste sofort operiert werden. Der diensthabende Operationshelfer und der Narkosepfleger wurden gerufen. Aber sie dachten nicht daran zu kommen, weil es in Strömen regnete. Nach Ansicht vieler Indonesier geht man bei Regen nicht aus dem Haus! Auch auf mehrfaches Bitten hin ließen sich die Beiden nicht umstimmen. Ich war am Verzweifeln, denn ohne Assistenz und Narkose konnte ich dem Schwerverletzten nicht helfen. Was sollte ich tun? Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Dann rief ich meine beiden Christusträger-Schwestern zuhause an, die eigentlich keinen Dienst hatten und längst zu Bett gegangen waren. Sie waren sofort bereit, und ich holte sie mit dem Auto ab. Doch keine von ihnen war im Narkotisieren bewandert, und auch die dafür erforderlichen Medikamente waren eingeschlossen. So war ich gezwungen, den Eingriff an Gehirn und Schädel in örtlicher Betäubung durchzuführen. Der Patient war nicht bei Bewusstsein. Doch er tobte so unbändig, dass er von zwei starken Männern festgehalten werden musste. Diese fanden sich unter den zahlreichen Angehörigen, die sich vor dem Operationssaal versammelt hatten. Leider hielten sie nicht lange durch, denn der Schädel ihres Verwandten blutete sehr. Nach kurzer Zeit mussten sie durch zwei andere ausgetauscht werden. Die Schwestern Gisela und Heiderose halfen mir nach Kräften bei der Operation. Dann war der Eingriff beendet und der Verletzte hatte sich einigermaßen beruhigt und konnte auf die Krankenstation gebracht werden.

Nur wenige Tage nach dem Unfall konnte der junge Mann nach Hause entlassen werden. An das Geschehen von jenem Abend konnte er sich nicht mehr erinnern. Ich dagegen habe diese Geschichte nie vergessen. War ich doch wieder einmal von Herzen froh und dankbar dafür, dass Gott mir so treue und immer hilfsbereite Mitschwestern zur Seite gestellt und mein Stoßgebet an jenem Abend erhört hatte.

Hospital Palangka Raya

Hospital Palangka Raya

Dramatische Geburtshilfe in Zentral-Kalimantan

Von der Stadt Palangka Raya aus waren wir häufig in weit entfernten Städten unserer Provinz Zentral-Kalimantan im Einsatz. Einmal musste eine Schwangere notfallmäßig operiert werden. Der Medizinmann ihres Dorfes hatte zwecks Geburtsbeschleunigung ihren Leib so gewaltsam massiert, dass die Gebärmutter zerrissen und das Kind im Mutterleib gestorben war. Die Frau war ausgeblutet und befand sich in höchst kritischem Zustand. Ein sofortiger chirurgischer Eingriff war erforderlich. Es ging um Leben und Tod. Obwohl noch kein Spenderblut vorhanden war, konnte ich nicht auf ein solches warten und musste erzwungenermaßen sofort mit der Operation beginnen. Andernfalls wäre die Frau verblutet. Während die Patientin auf dem Operationstisch lag, wurde intensiv unter ihren Angehörigen nach potentiellen Spendern gesucht. Aber es fand sich keiner, und die Frau verlor während des Eingriffs noch weiter Blut. Die Situation war äußerst

angespannt; denn es wurde immer fraglicher, ob die Patientin überleben würde. Da entschloss sich Schwester Gisela, die mir gerade assistierte, spontan dazu, sich als Blutspenderin zur Verfügung zu stellen, weil sie die passende Blutgruppe hatte. Sie ließ sich von einer einheimischen Krankenschwester beim Assistieren vertreten und einen halben Liter Blut abnehmen. Während die lebensrettende Flüssigkeit in die Venen der Kranken floss, war sie bereits wieder zurück an ihrem Platz und assistierte weiter, bis die Operation beendet war. Die junge Frau überlebte – Puji Tuhan – Gott sei Dank.

Bei der Arbeit

Bei der Arbeit

Zwei Schwerverletzten an weit entfernten Orten wird gleichzeitig geholfen

In unserem christlichen Krankenhaus in Kudus/Zentral-Java waren wir gegen Abend gerade dabei, einen Unfallverletzten zu operieren. Sein Schädel musste wegen einer Blutung in seinem Inneren geöffnet werden. Da klingelte das Telefon im Operationstrakt. Unsere Christusträger-Schwestern in Tumbang Marikoi auf der Nachbarinsel Kalimantan, Tausende von Kilometern entfernt, baten um Hilfe. Ein Schwerverletzter lag in ihrer Poliklinik. Bei Waldarbeiten war ein scharfes Stück Holz in seinen Brustkorb eingedrungen, der dadurch geöffnet worden war. Weil von außen Luft durch die Wunde eindrang, konnte die Lunge auf der verletzten Seite nicht beatmet werden. Der Patient war sehr kurzatmig und schwebte in Todesgefahr. Die Schwestern konnten zwar die Wunde versorgen; aber wie sie die zusammengefallene Lunge wieder zur Ausdehnung bringen und funktionsfähig machen könnten, das wussten sie als Krankenschwestern natürlich nicht. Deshalb baten sie um meinen chirurgischen Rat.

Da ich ja gerade selbst am Operieren war und mich nicht unsteril machen durfte, ließ ich mir den Telefonhörer ans Ohr halten, um mit den Schwestern sprechen zu können. Ich gab ihnen Anweisungen, wie sie das Problem lösen könnten, und nachdem sie es verstanden hatten, führte ich meine Operation weiter. Auch bei diesem jungen Mann, der auf meinem Operationstisch lag, ging es um Leben und Tod.

Noch zwei Mal baten unsere »Urwald-Schwestern« telefonisch um Hilfe, um die nächsten Schritte zur richtigen Versorgung ihres Patienten zu erfragen. Trotz der wiederholten Unterbrechungen konnte ich meinen Eingriff ohne Schwierigkeiten zum Ende bringen. Der Hirnverletzte überlebte ohne bleibenden Schaden. Und auch der nun notfallmäßig versorgte Patient unserer Schwestern konnte wieder atmen. Er wurde zur weiteren Behandlung ins Regierungshospital gebracht – ca. 500 km entfernt! - und seine Wunde heilte ohne Probleme. Sowohl dort als auch bei uns in Kudus war viel für ihn gebetet worden. Unser Herr, in dessen Dienst wir standen, hatte wunderbar geholfen.

— Sr. Dr. Elisabeth, 11. Oktober 2022